Erziehung ist ein großes Thema. Jede Generation stellt sich dieser Herausforderung aufs Neue. Der Druck auf Eltern wächst.
Jeder wünscht sich, dass es seinem Kind gut geht. Es soll behütet und glücklich aufwachsen.
Es soll aber auch den Leistungsansprüchen genügen. Neben Waldorf & Co hat sich die Montessori-Pädagogik in Kindergarten und Grundschule fest etabliert.
Und wie steht es nun um den Montessori Kindergarten?
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Mit Neugier und Spaß ins Leben
Maria Montessori revolutionierte die Pädagogik um die Jahrhundertwende. Die promovierte Medizinerin setzte ihre theoretischen Erkenntnisse praktisch um und entwickelte ein Konzept zur natürlichen Förderung von Kindern mit speziellen Lernmaterialien.
So entstand das erste Kinderhaus. Im Zuge der Reformpädagogik befassten sich bald auch deutsche Pädagogen mit den von Maria Montessori entwickelten Ideen.
Im Zentrum der Montessori-Pädagogik stehen nicht die Erwartungen an ein Kind, sondern das Kind selbst. Es wird von seiner Individualität ausgegangen.
Seine Interessen werden anerkannt und gefördert. Dieser Prozess setzt nicht erst in der Schule ein. Nach Maria Montessori soll er mit der Geburt beginnen.
Vom ersten Tag an …
Eltern sind aufgefordert, ihr Kind seinen Bedürfnissen entsprechend zu umsorgen. Begabung soll durch Beobachtung entdeckt und gefördert werden.
Die Motivation sieht Montessori im Kind selbst, das am Leben der Erwachsenen und der Gemeinschaft teilhaben will.
Ursprünglich spricht die Pädagogin vom „göttlichen Kind“. Dieser Begriff irritiert manche, kann aber so verstanden werden, dass das Kind bereits alles mitbringt, um ins Leben zu wachsen und seinen Weg zu gehen.
Eltern sollen es liebend begleiten und ein Umfeld schaffen, das das Kind schützt, fördert und anregt.
Vom Baby zum Schulkind: das erste Kindheitsstadium
Während die Waldorf-Pädagogik von Jahrsiebten ausgeht, unterteilt Maria Montessori die Kindheit in drei Stadien:
- 1. Kindheitsstadium (0 bis 6 Jahre) – prägende Phase
- 2. Kindheitsstadium (6 bis 12 Jahre) – die stabile Phase
- 3. Kindheitsstadium (12 bis 18 Jahre) – Jugendalter als Phase radikaler Umwandlung
Das 1. Kindheitsstadium, die prägende Phase, ist für sie die entscheidende. Psyche und Geist, Fähigkeiten und Persönlichkeit werden in diesem Stadium geprägt.
Dabei wird noch einmal in Drei-Jahres-Schritte unterteilt:
- von 0 bis 3 Jahren werden motorische, soziale und intellektuelle Fähigkeiten embryonal unbewusst aufgebaut
- von 3 bis 6 Jahren erfolgt die Weiterentwicklung dieser Anlagen
Die in dieser Phase angelegten Fähigkeiten und Prägungen hält Montessori für irreversibel. Montessori-Kindergärten gehen unterschiedlich mit diesen Vorgaben um.
Auch Montessori selbst hat ihre eigene Theorie widerlegt, indem sie mit belasteten Kindern inklusiv arbeitete und hier im emotionalen, kognitiven und motorischen Bereich entscheidende Fortschritte verzeichnete.
„Hilf mir, es selbst zu tun“
Eltern kommt eine große Aufgabe zu, wenn sie Prinzipien der Montessori-Pädagogik umsetzen wollen. Die Konzentration auf das Kind und seine Bedürfnisse steht am Anfang. Das zum Kleinkind heranwachsende Baby soll zur Selbsttätigkeit angehalten werden.
Gleichzeitig betont Montessori das Setzen von Grenzen und die Einübung in Ordnung sowie das Befolgen von Regeln.
Selbsttätigkeit und Grenzen
Maria Montessori spricht sich klar für das Setzen von Grenzen aus. Diese betreffen auch das Kleinkind. Sie setzen immer da ein, wo das „Gemeinwohl“ beginnt. Als „Gemeinwohl“ fasst Montessori „Wohlerzogenheit“ in „Manieren“ und „Auftreten“.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde unter der allgemeinen „Wohlerzogenheit“ noch etwas anderes verstanden als heute.
Dennoch sind Regeln und Grenzen wichtig. Montessori-Pädagogik ist nicht anti-autoritär. Der Freiheitsbegriff ist ein konstruktiver. Im Regellosen sieht Montessori das Chaos, aus dem nichts entstehen kann.
Daher hat der Tag eine klare Struktur, gibt es Regeln beim Umgang mit dem Material, wird auf das Sozialverhalten von den Tischsitten bis zum Umgang miteinander geachtet. Der Montessori-Pädagoge tritt als Autoritätsperson auf.
Unterschiedliche praktische Umsetzung
Der Umgang mit dem Ziehen von Grenzen erfolgt im Montessori Kindergarten in unterschiedlicher Weise. Vor der Anmeldung in einer Kita sollte man sich nach den Prinzipien genau erkundigen.
Ähnlich wie bei Waldorf-Einrichtungen können die Unterschiede sehr groß sein. Während in der einen Montessori-Kita ein strenges Reglement herrscht, wird eine andere sehr locker geführt.
Sinnvoll ist es auch, die Pädagogen persönlich kennenzulernen, um sich ein Bild von ihrer Ausstrahlung und ihrem Auftreten im Umgang mit den Kindern zu machen.
Die sechs Prinzipien der Montessori-Pädagogik
Wer sein Kind in eine Montessori Kindergarten geben will, sollte sie kennen und sich mit ihnen beschäftigen: die sechs Prinzipien der Montessori-Pädagogik.
Einige von ihnen kann man kritisch sehen. Wichtig ist es vor allem, nach der praktischen Umsetzung zu schauen. Dazu eignen sich zunächst Programm und Selbstdarstellung der Kita, die nach Montessori-Prinzipien arbeitet.
Auch im direkten Gespräch sollten Eltern nachfragen, um sich ein Bild zu machen und zu entscheiden, ob dieser Kindergarten zu ihrem Kind und ihnen passt.
1. Kinder sind Baumeister ihrer selbst. Montessori geht davon aus, dass Kinder mit einem „inneren Bauplan“ geboren werden. Nach diesem Bauplan entwickeln sich Psyche und Geist automatisch – ähnlich wie der Körper. Die Umwelt soll so gestaltet sein, dass sie eine gesunde, freie Entwicklung ermöglicht.
2. Kinder werden in ihrer Persönlichkeit geachtet. Die Achtung vor dem Kind als Persönlichkeit ist die Basis für das Zusammenleben in der Familie und in der Kita.
3. Kinder lernen aus ihrer eigenen Motivation heraus. Die Montessori-Pädagogik vertraut darauf, dass Neugier und Interesse so groß sind, dass Kinder selbst handeln und sich die Welt aneignen. Dabei können die Interessen ganz unterschiedlich sein.
4. Jedes Kind hat seinen eigenen Rhythmus. Das trifft auf die gesamte Entwicklung und auch die Interessen zu, die in verschiedenen Altersphasen auftreten können. Angebote erfolgen nicht normiert altersspezifisch, sondern nach Interessenslagen.
5. Schwierigkeiten werden eigenständig überwunden. Das Kind wird zum selbstständigen Lösen von Problemen in allen Bereichen angehalten. Proaktiv mischt sich der Erwachsene möglichst nicht ein.
6. Kinder werden nicht untereinander verglichen. Das Maß aller Dinge ist in diesem Fall das Kind selbst. Ein künstlich initiierter Wettbewerb findet nicht statt.
Was spricht für einen Montessori Kindergarten? Fazit
Für eine Montessori Kita spricht zunächst der ganzheitliche Ansatz: Das Kind wird so angenommen, wie es ist und entsprechend seiner Gaben gefördert. Damit fühlen sich sowohl Kinder mit besonderen Begabungen als auch hochbegabte Kinder wohl.
Gelernt wird erfahrungsbasiert und nach Interesse. Hier sollte genau geschaut werden, wie die Umsetzung erfolgt. Dazu reicht oftmals auch ein Blick auf den Zustand der Materialien. Werden sie benutzt und sorgfältig behandelt? Sie sie frei zugänglich oder stehen sie als Ausstellungsstück „im Glaskasten“? Liegen sie unsortiert durcheinander?
Wer dann noch das Programm der Kita abgleicht, Gespräche mit Betreuern führt und einen Probetag absolviert, bekommt ein gutes Bild von seinem Montessori Kindergarten und kann sich gut entscheiden.